Dieses Haus in der St. Apernstraße war ein Zentrum jüdischen Lebens in Köln. Von 1884 bis 1942 beherbergte es eine Synagoge, ein Lehrerseminar und zwei Schulen. Was danach hier geschah, davon berichteten die Historikerin Birte Klarzyk, die Journalistin und Autorin Petra Pluwatsch und die Ehrenamtlerin Christiane Wende-Kreisel in einem Vortragsabend des Lern- und Gedenkortes Javne an eben diesem Ort. Nachdem die nationalsozialistischen Machthaber bestimmte Bereiche der Stadt zu Sperrzonen erklärt hatten, in denen Juden nicht mehr wohnen durften, begannen sie die Kölnerinnen und Kölner, die sie ihrer antisemitischen Ideologie folgend deportieren und ermorden wollten, in bestimmten Häusern unterzubringen. Eines davon war dieses Haus. Und eine seiner zwangsweisen Bewohnerinnen war Margarethe Joseph, deren Lebensgeschichte Petra Pluwatsch vor einem überrraschend zahlreich erschienenen Publikum erzählte, sodass zu Beginn der Veranstaltung noch etwas gerückt und geschoben werden musste, um alle Interessierten unterzubringen. Zwölf solcher „Geschichten hinter den Stolpersteinen“ hat die ehemalige Chefreporterin des Kölner Stadt-Anzeiger für ihr Buch „Verfolgt und nicht vergessen“ in langwieriger Kleinarbeit recherchiert und in ihrem sachlichen, dabei sehr einfühlsamen und anschaulichen Stil erzählt.
Margarethe Joseph war in den Zwanziger und Dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wohl nahezu jedem Kölner und jeder Kölnerin bekannt, die von Zeit zu Zeit neue Schuhe brauchten. Sie hat ihr ganzes Leben in einer Wohnung in der Schildergasse 57 verbracht, direkt über dem Schuhhaus Joseph, das ihr Vater gründete, ihr Neffe später fortführte und das dank ihres unermüdlichen Engagements zu dem führenden Schuhhaus in Köln wurde. Im Alter von 77 Jahren hat sie sich das Leben genommen. Sie hat sich am Vorabend ihrer geplanten Deportation aus einem Fenster des Hauses in der St. Apernstraße gestürzt, des Ortes also, an dem wir an diesem Vorfrühlingsabend des Jahres 2024 ihre Geschichte hörten. Ein tief bewegender Abend.